Hinzuziehung von Unterlagen
- ungenaue oder einseitige Auswahl von Aktenauszügen Bewertung von Zeugen- und Beschuldigtenaussagen
- unvollständige Heranziehung früherer Krankengeschichten / früherer Gutachten
Eigene Erhebung des Gutachtens
- unvollständige oder einseitige Erhebung der Vorgeschichte
- fehlende Erläuterung des Befundes als normal oder pathologisch völlig ungenügender Zeitaufwand (bei Kapitaldelikten unter 6 - 8 Stunden)
- partiell unterlassene Diagnostik (z.b. Diagnose von forensisch relevanten Schwachsinn, die auf keinem oder einem alten IQ-Test beruht)
Diagnose
- Tendenz zur absoluten Aussage (mangelhafte Differentialdiagnose, Verzicht auf eine Diskussion der Befunde)
- die Aussagen des Probanden werden kritiklos übernommen
- “Pseudodiagnosen” anstelle von wissenschaftlich anerkannten Diagnosen (nach ISD-10 oder DSM-IV)
- Verzicht auf Diskussion der Vorbefunde, Krankengeschichten und Vorgutachten
- ungenügende Transperenz diagnostischer Überlegungen
- empirischer Begründungsmangel der Diagnose (Bezug zur subjektiven Seite des Täters fehlt)
Beurteilung
- Tautologien: Es wird ausschließlich von der Tat auf ein abnorme psychische Verfassung des Täters geschlossen; Ableitung der Charaktereigenschaften aus der strafbaren Handlung selbst
- Direkte Schlussfolgerungen von der Diagnose auf die Beantwortung der Beweisfragen- ohne dass eine Quantifizierung vorgenommen wird
- Vorspiegelung einer falschen Sicherheit der gutachterlichen Entscheidung
- Begründungen für die gutachterlichen Einschätzungen fehlen
Auftragschreiben der Staatsanwaltschaften, Gerichte und Behörden
- Aufforderungen an den Sachverständigen, vor der Auftragsübernahme zu prüfen, ob er zur Beantwortung der gestellten Fragen überhaupt kompetent ist
- Genaue Bezeichnung der Tat bzw. Taten, auf die sich die Begutachtung beziehen soll (evtl. Hinweis auf entsprechende Blätter der Akte)
- Hinweis darauf, dass bei der Beurteilung des psychischen Zustandes des Beschuldigten auf den Tatzeitpunkt abzustellen ist
- Bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten sollte immer ein Gutachter mit den entsprechenden kinder- und jugenpsychiatrischen bzw. entwicklungspsychologischen Kompetenzen beauftragt werden, der in der Regel auch mit einer Stellungnahme zur Reife beauftragt werden sollte
- Hinweise darüber, welche Belehrungen der Sachverständige vor Beginn der Exploration vornehmen soll (Weigerungs- und Schweigerecht, Rolle des Arztes als Gutachter)
- Hinweise an den Gutachter, von einer umfassenden wörtlichen Wiedergabe des Aktenmaterials im schriftlichen Gutachten abzusehen Aufforderung an den Sachverständigen, die erfolgte Belehrung des Probanden im genauen Wortlaut zu dokumentieren und unterschriftlich von diesem bestätigen zu lassen
- Hinweis an den Gutachter, dass er sich einer Stellungnahme zum Vorliegen aufgehobener oder verminderter Schuldfähigkeit enthalten soll, da diese juristische Wertung nicht in seine Beurteilungskompetenz fällt Bitte an den Gutachter, die Notwendigkeit von Zusatzuntersuchungen (testpsychologische, neurobiologische, körperliche) auch bei Vorliegen eines Einverständnisses des Probanden vorher mit der Staatsanwaltschaft/ dem Gericht zu erörtern
- Dem Auftragsschreiben sind alle relevanten Vorstrafenakten, insbesondere solche, in denen sich frühere Gutachten befinden, beizufügen. Etwaige Krankenakten sind ebenfalls von der Staatsanwaltschaft und nicht vom Sachverständigen bei den Einrichtungen anzufordern
* © nach Schläfke, Häßler, Schnoor, König, Rebernig, Auer, Fegert (2001)